Schwangerschaftstest: Welche Woche? Und wie viele Kinder?

Ich hab ja erzählt, wann ich den ersten Verdacht hatte, schwanger zu sein: Mir hat Rotwein nicht mehr geschmeckt. Verdächtig, sehr verdächtig, weil Rotwein und Käse war immer unser Freitag-Abend-Ding. Guter französischer Käse aus einem kleinen, französischen Laden in Klagenfurt, guter französischer Rotwein dazu, manchmal auch aus dem Burgenland, plus Baguette, plus zwei Kilo mehr am nächsten Tag. Plötzlich hatte ich keine Lust mehr drauf. Ich hab gesagt, ich steig auf alkoholfreies Bier um, er hat mir am nächsten Tag einen Schwangerschaftstest besorgt.

Und genau da steigen wir dieses Mal ein:

Der Schwangerschaftstest liegt vor mir und meine Blase blockiert.

Ich muss warten, bis ich pinkeln muss. Normalerweise muss ich immer. IMMER. In Warteschlangen, auf Konzerten, bei Busfahrten. Nur jetzt nicht. Natürlich muss ich jetzt nicht, weil jetzt wäre es sinnvoll, wenn ich müsste. Ich kippe zwei Gläser Wasser runter. Ein paar Mal durchatmen, dann wird’s schon gehen.

„Schschschschsch.“
„Was machst du?“
„Ich imitiere einen Wasserfall. Vielleicht geht’s dann.“
Mein Freund stimmt ein: „Schschschsch.“

Gut, ich muss. Endlich. Während ich auf dem Klo sitze, rechne ich nach, ob der Test jetzt schon Sinn macht. Bin ich überhaupt überfällig? Auf der Packungsanleitung steht was mit x Tage vor, y Tage nach, … Okay, das ist kompliziert. Ich pinkle einfach mal auf den Streifen. Werden schon sehen, was dabei rauskommt. Fertig.

Wartezeit: ein paar Minuten oder auch eine gefühlte Ewigkeit. Und eigentlich weiß ich das Ergebnis schon. Ich kann’s nicht erklären, aber das mit der Schwangerschaft hat man nicht nur im Urin, sondern auch im Gefühl. Und gleichzeitig ist es so surreal, dass man’s nicht glauben will, obwohl man’s ganz tief drinnen eh weiß.

Ich lege den Test auf eine kleine Kommode im Vorzimmer und verschwinde im Badezimmer, um mir mit dem Glätteisen Locken zu machen. Wir wollen später noch essen gehen. Vielleicht zum Heurigen oder zu Griechen. Wir haben uns noch nicht entschieden.

Das Display zeigt an: „2-3“ …

Plötzlich steht mein Freund mit dem Schwangerschaftstest vor mir.
„Noch nicht! Leg ihn wieder hin. Da steht, man soll ihn nicht angreifen, während er arbeitet.“
„Da steht zwei bis drei.“
„Zwei bis drei was?“
„Kinder?“
„Zeig.“
Er hält mir den Schwangerschaftstest unter die Nase.
Da steht tatsächlich zwei bis drei.
„Du bist lustig. Das sind die Wochen, die schwanger bin.“
Ich muss lachen. Zwei bis drei Kinder. Hahahaha. Zwei bis drei Kinder. Hahahahahaha. Und während ich mich über seinen geistigen Aussetzer amüsiere, realisiere ich meinen eigenen gar nicht. Mir ist im ersten Moment nicht bewusst, was dieses „2-3“ tatsächlich bedeutet.

Fünf Minuten später sitze ich da und weiß noch immer nicht, wohin mit mir. Jetzt hab ich‘s begriffen – sofern man es überhaupt begreifen kann.

Ich lache und weine und in meinem Kopf wirbelt es zig tausende Gedanken auf einmal durcheinander: Ich als Mama – geht das? Bin ich bereit dafür? Kann man überhaupt bereit sein dafür? Was muss man wissen und können, bevor man Mutter wird? Hab ich mein Leben als Nicht-Mama ausreichend ausgekostet? Ich bin noch nie mit dem Rad durch Österreich gefahren. Ist es jetzt zu spät dafür? Ich wollte noch nie mit dem Rad durch Österreich fahren, wieso in Gottes Namen komme ich jetzt darauf? Was, wenn ich nicht schwanger bin? Kann ich überhaupt schwanger werden? Was, wenn ich nicht schwanger werden kann – was stelle ich mit dem Rest meines Leben an? Was ist mein Sinn? Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Sind wir als Paar bereit dafür? Bleiben wir für immer zusammen? Und was, wenn nicht? Wie schaffe ich es, Berufs- und Privatleben gut zu meistern, damit nichts davon zu kurz kommt? Werde ich je wieder stressfrei duschen können? Werde ich überhaupt je wieder duschen können? Und: Wie kommt es aus da wieder raus??

„Hallo“, flüstere ich und tippe vorsichtig auf meinen Bauch. Nichts. Ich stelle mich vor den Spiegel und ziehe mein Shirt hoch. Nichts. Und doch ist da was – ein Miniminiminimensch, nicht größer als ein Sesamkorn, der bald aus meinem Bauch in unser Leben einziehen wird.

5 Kommentare

  1. Awww Kathi! ❤️ Wie schön und wie aus dem Herz – und wie wahr! So unfassbar und unglaublich, dass einem Worte fehlen den Moment zu beschreiben – und dennoch hast du es geschafft mir Tränen in die Augen zu treiben…. Freudentränen für euch und Tränen der freudigen Erinnerung an meine beiden Momente des Herausfindens. Danke! 🙏🏼

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  2. OMG.. i feel you!
    So gut und ehrlich geschrieben.
    Vor knapp neun Monaten hab ich mich genau so gefühlt.
    Und irgendwie ist es immer noch surreal dass ich in wenigen Tagen oder Wochen das kleine Wunder aus meinem Bauch endlich kennenlernen darf.
    Alles Gute für dich!

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  3. Herzlichen Glückwunsch und alles Gute in den nächsten Wochen, Monaten, Jahren usw.
    Seid ihr euch sicher, dass sich die Zahl auf die aktuelle Woche bezieht? 😉
    LG
    Sabiene

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  4. Soooo toll ge- und umschrieben; so , oder so ähnlich dürfte es mir vor 20 bzw dann auch nochmals vor 15 Jahren ergangen sein …..und was ‚danach‘ kommt kann man weder beschreiben noch erzählen oder erklären , sondern muss man (frau) selbst durch – und erleben .
    Alles Gute euch ✊🏻

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