Schlaflos in Simmering: Protokoll einer wilden Nacht

19.45 Uhr: „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ beginnt. Wir haben lange diskutiert, ob wir im Schlafzimmer einen TV haben soll. Er war dagegen, ich dafür. Ich bin überglücklich, dass ich mich durchgesetzt habe. Jetzt kann ich „GZSZ“ glotzen und muss mich danach nicht mehr von der Couch ins Bett rollen. Herrlich!

19.47 Uhr: Ich muss aufs Klo.

19.51 Uhr: Ich habe Durst und kann mich nicht entscheiden: Wasser oder Tee? Bier. Schwangeren-Scherz – ha ha.

20.10 Uhr: Ich frage meinen Freund, was wir heute schauen. Er lacht. Wieso er lacht, will ich wissen. „Weil du in zehn Minuten eh schon schläfst.“ Pffff.

20.18 Uhr: Ha. Mein Freund kennt mich schlecht. Ich schlafe jetzt schon.

20.25 Uhr: Auch mein linker Arm schläft ein. Ich muss mich umdrehen. 3, 2, 1 – volle Kraft voraus – auf den Rücken.

Ich will nicht sterben. Nicht heute, nicht diese Nacht, nicht jetzt.

20.37 Uhr: Ich glaube, ich ersticke. Ich muss mich noch einmal drehen. Mein Kind drückt auf etwas in mir, das mir zum Überleben wichtig scheint. Ich will nicht sterben. Nicht heute, nicht diese Nacht, nicht jetzt. Dieses Mal hieve ich mich nach rechts. 3, 2, 1, hopp.

20.39 Uhr: Nein, rechts ist nicht gut. Mir stößt es auf.

20.41 Uhr: Hunger! Es ist Zeit für meinen Late Night Snack: Joghurt mit Leinsamen und fünf Datteln.

20.45 Uhr: Ich habe noch immer Hunger. Konnte mich nicht dazu überwinden, mich zu bewegen. Ich überlege, was ich anstrengender finde: selbst zu gehen oder meinen Freund davon zu überzeugen, dass er es für mich tut.

Ich liebe ihn so sehr, dass ich weinen muss.

20.47 Uhr: Er geht und macht mir mein Joghurt. Ich liebe ihn. Ich liebe ihn so sehr, dass ich weinen muss.

21.00 Uhr: Ich habe Sodbrennen und mein Zwerchfell zwickt. Ich sitze aufrecht im Bett und überlege, eine geführte Meditation zu machen. Oder Soletti zu essen. Mmmmh, Soletti. Ich entscheide mich für die Mediation. Und für Soletti.

21.04 Uhr: Normalerweise kann ich dabei gut abschalten. Heute nicht. Heute stressen mich Wörter wie „loslassen“, „entspannen“ und „atmen“. Alles stresst mich. Das Leben stresst mich.

21.07 Uhr: Obwohl ich inneren Druck verspüre, schlafe ich ein.

21.17 Uhr: Ich bin wieder da! Servus und hallo. Das Kind hüpft – mir auf die Blase. Ich muss aufs Klo. Schnell. „Schieb an!“, rufe ich meinem Freund zu.

21.20 Uhr: Ich sitze am Klo, bin fertig und fühle noch immer einen Druck auf der Blase. Sicherheitshalber bleibe ich noch ein paar Sekunden länger sitzen.

Ich bin am Klo eingepennt. Sekundenschlaf.

21.22 Uhr: Ich bin am Klo eingepennt. Sekundenschlaf. Was für eine Nacht! Ich denke an die Abende, die ich in Discos, Bars und Pubs verbracht habe. Daran, dass mir von zu viel Gin und Bier schlecht war. Jetzt kotze ich, wenn das Kind gegen meinen Magen kickt.

21.25 Uhr: Bin wieder im Bett, mit einer Extrawurst-Semmel und putzmunter. „Was machen wir heute Nacht?“ – „Schlafen?“ – „Kann nicht. Damm-Massage?“ – „Hatten wir heute schon. Schau was auf Netflix.“ – „Geht nicht.“ – „Wieso?“ – „Ich weiß nicht, was.“ Ich muss weinen, weil es zu viel Auswahl gibt.

21.27 Uhr: Ich muss aufs Klo. Das 358. Mal diese Nacht.

21.31 Uhr: Ich habe Durst und kann mich nicht entscheiden: Wasser oder Tee? Bier. Schwangeren-Scherz – ha ha. Und alles geht von vorne los.

Ein Kommentar

  1. Wie es scheint, bist du eine dieser Frauen die das Pech haben das das Kind auf die Blase drückt. Übelkeit auch dazu! Du nimmst also das volle Programm der Emotionen, Essattacken und sonstiges. So viel gesagt. Es wird besser. Ich weiß das hilft derzeit nicht wirklich aber du hast ja einen liebevollen Partner an deiner Seite der es erträglicher macht.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert